Das Notebook meiner Mama ist ein altes Dell Latitude D630 bestückt mit nur 2 GB RAM, einer alten 60 GB HDD und einem Intel Core 2 Duo 1.8 Ghz Prozessor. Bis Oktober 2015 lief das Gerät mit Windows XP, welches ja «offiziell» nicht mehr mit Sicherheitspatches beliefert wird, es sei denn man benutzt den Geldautomaten-Hack 😉 . Der hauptsächliche Einsatzbereich: Täglich viel eMail-Verkehr (Outlook Express), Surfen (Firefox), Scannen + Drucken (Epson), und ein bisschen Word (Office 2003).
Der Krux: Nach nur einer Woche Umstiegszeit muss alles brauchbar funktionieren! Denn ab dem 1. November 2015 stand mein Umzug nach Deutschland an, 700 KM vom Elternhaus entfernt. Außer mir ist im nahen Umfeld meiner Eltern kein Linux-Supporter greifbar, im Notfall würde ich per Telefon- und Teamviewer Support mit meinem Papa, oder unter Umständen mit meiner Schwester helfen müssen: Sie arbeitet seit ihrer Ausbildung im Grafikbereich privat & beruflich mit Mac OSX. Nichts desto trotz, ich hatte ein etwas mulmiges Gefühl beim Gedanken daran, etwas Essentielles könnte schief gehen und die «Wut» auf ein «unbrauchbares» Linux könnte erneut nach einem Windows schreien.
Aus Alt mach Neu: SSD anstatt viel Geld für neues Notebook
In der Planung liegt die Ruhe. Oder so ähnlich 🙂 Soll ich meiner Mutter einen neuen Laptop anschaffen? Reichen 2 GB RAM aus oder bremsen die langsamen 1.8 GHZ Duo-Cores zu sehr? Immerhin braucht das alte Windows XP beim Hochfahren rund 1,5 Minuten. Noch schlimmer: Wenn beim Surfen mehrere Tabs geöffnet werden, schreibt Windows zügig auf die Festplatte. Die Festplatte, so wissen wir, ist jämmerlich langsam.
Es gibt eine sehr einfache Lösung: Eine SSD. Einfache Computeranwender die keine Spiele spielen und bis auf ein «langsames» Gerät sonst nichts am eigenen Notebook beklagen, sind mit einer SSD Festplatte bestens beraten. Dessen Preise fielen in den vergangen Jahren/Monaten auf ein erträgliches Maß, so kostet eine 120 GB SSD nur noch ~65 Franken/Euro. Im Vergleich zu neuen billigen Homeoffice-Notebooks im Preissegment 299-500 Franken/Euro fast schon ein Schnäppchen wenn man den heftigen Leistungsgewinn betrachtet.
Für die Migration auf Linux habe ich mir überlegt, die alten Daten von Windows XP verfügbar zu machen oder schlimmstenfalls komplett rollbacken zu können. Hierbei lohnte es sich die neue SSD mit einem USB-Adapter (Bild) zu bestellen. So können meine Eltern die alten Daten bequem per USB erreichen. Einfach die alte Festplatte an stöpseln und im (Linux) File-Manager durchsuchen.
Wichtig: Im BIOS braucht es für die Nutzung einer SSD Festplatte die Einstellung EHCI, mit der Voreinstellung ATA startet der modernisierte Computer nicht. Eine Knacknuss, die mich ein bis zwei Abendstunden kostete 🙂 .
Die eMails auf Linux mit nehmen (Outlook Express, argh!)
Mütter wollen eMails behalten. Wobei, ist ja irgendwie verständlich, möchte ich bei einem OS Umzug ja auch. Das blöde am benutzten Outlook Express ist, dass es keine gescheite Export-Funktion für eMails gibt. Für die Kontakte kann man noch eine halbwegs brauchbare Datei exportieren, aber bei den eMails hört der Spaß auf. Das Grundproblem ist die Verwendung von POP: Die Mails werden mit POP lokal heruntergeladen und im GMX Postfach gelöscht.
Der Trick via Thunderbird-Importfunktion hat nicht funktioniert. Nach der Installation von Thunderbird auf Windows XP fragt es zwar, ob ich die Mailboxen von Outlook Express importieren möchte – aber es funktioniert nicht. Es half alles googeln, kratzen und schreien nicht..
Dann hatte ich eine kleine Geisteseingebung: Ich füge das Postfach innerhalb Outlook Express als IMAP Konto ein zweites mal hinzu und verschiebe die Mails einfach per Drag-and-Drop vom lokalen POP Konto auf das (online synchronisierte) IMAP Konto. Das hat tatsächlich funktioniert! Okay, nach einer Stunde war der freie GMX-Speicherplatz von einem Gigabyte zum Bersten gefüllt, um nicht noch einen Premium-Account bestellen zu müssen haben wir uns darauf geeinigt, «nur» die letzten 4 Jahre an eMails behalten zu wollen.
Hat der Drucker- und/oder Scanner einen Linux Treiber?
Ob der eigene Drucker bzw. Scanner an Linux funktioniert? Für viele Umsteiger ein K.O.-Kriterium. Ich kann das wirklich gut verstehen, kaum jemand schafft sich einen neuen Drucker an bloß wegen Linux. Die gute Nachricht ist, viele Drucker drucken korrekt unter Linux. Die mittelmäßig schlechte Nachricht: Deren Treiber-Installation gestaltet sich je nach Marke- und Modell mal mehr, mal weniger schwierig. Das liegt nicht an Linux per sé, sondern an den fehlenden oder schlechten Treiber der Drucker-Hersteller.
Im Fall meiner Eltern ist es ein Scanner mit Druckfunktion der Marke Epson. Die Anleitung bei Ubuntuusers hat mir gezeigt, der Epson-Scanner hat binäre Linux-Treiber vom Hersteller und wird voraussichtlich funktionieren (was er auch tat – später dazu mehr).
Die Wahl der Linux Distribution
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8 Kommentare
Juergen · 6. Januar 2016 um 06:55
Das Problem mit dem Umziehen von E-Mails kenne ich auch. Was ich persönlich gemacht hätte, wäre ein Gerät wie ein Raspberry Pi genommen und darauf im lokalen Netzwerk einen IMAP-Server installiert. Dann hättest Du alle Mails in Windeseile auf den lokalen IMAP-Server verschoben und auf dem Linux-Rechner wieder importieren können.
Bei GMX bekommt man nur ein GByte?
Schroeffu · 6. Januar 2016 um 13:49
Ja leider, FreeMail 1GB und die kostenpflichtige ProMail-Variante sogar nur 5GB.
Der Tipp mit dem lokalen IMAP Server gefällt mir. Ich hatte dank den 20Mbit Upstream nicht sehr lange warten müssen beim Synchronisieren auf GMX.
Struppi · 6. Januar 2016 um 11:00
Ein Dualcore sollte eigentlich ja Dicke reichen (ich nutze einen desktop Dualcore mit Debian auf der Arbeit), aber eine SSD? Bringt das was?
Ich habe eine in einen neueren Desktop PC (quad core) eingebaut, messbar war zwar eine deutliche Steigerung vorhanden, aber gefühlt Null Geschwindigkeitsvorteil. Ohne 6G bringt das nach meiner Erfahrung nicht viel.
Schroeffu · 6. Januar 2016 um 13:54
Eine SSD bringt den grössten Leistungsschub beim Booten und Öffnen aller Programme, weil die Zugriffszeiten auf die Daten sehr viel schneller sind als bei einer handelsüblichen 5400 rpm HDD. Der Leistungssprung ist gewaltig.
Aus diesem Grund lohnt es sich durchaus alte Notebooks mit einer SSD auszustatten (sofern die damit umgehen können), anstatt ein Neues zu kaufen.
Linux Hase · 13. Juli 2017 um 00:17
Hallo,
ich habe jetzt nur den ersten und den Anfang des weiten Teils gelesen, aber spätestens hier muß ich intervenieren weil mich das einfach stört wenn sowas kommt:
> Vergleich: Die beliebtesten Linux Desktop Distributionen
> Wir wagen trotz allem den direkten Vergleich denn optisch gibt es durchaus gravierende Unterschiede zwischen den verschiedensten Linux > Varianten
Da man jede Software, also auch jeden Desktop und Fenstermanager auf jeder beliebigen Distribution installieren kann finde ich es zu aufdringlich wenn man anhand des „Standardmäßig installierten“ Desktop (und dessen Theme) eine Entscheidung über die darunter liegende Distribution trifft.
Linuxhase
Project «Mama’s Laptop von Windows XP zu Linux» #2: Die Wahl der Distribution » schroeffu.blog · 6. Januar 2016 um 07:26
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Project «Mama’s Laptop von Windows XP zu Linux» #3: Die Installation » schroeffu.blog · 8. Februar 2016 um 16:20
[…] wird die vorhandene Windows-Installation mit der Linux-Installation überschrieben! Wie in meinem ersten Artikel geschrieben habe ich Linux auf der brandneuen, superschnellen SSD Festplatte installiert, die alten […]
Zu viele Besucher! Der Linux Presentation Day Braunschweig war extrem gut besucht » schroeffu.blog · 1. Mai 2016 um 19:36
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