GoogleDrive als Open Source? Ja, gibt es jetzt und heißt ONLYOFFICE. Wobei, OnlyOffice ist viel mehr als nur ein Office, es ist zeitgleich eine Online-Dokumentenablage à la Owncloud/Nexctloud und bringt unzählige kollaborative Features mit sich, inklusive Webmail-Client.
Auf ONLYOFFICE aufmerksam wurde ich durch eine Spam-Mail, sozusagen. Zumindest sah die Mail auf den ersten Blick mit dem Betreff «OnlyOffice, Open Source Alternative zu LibreOffice» inhaltlich schlecht auf Deutsch übersetzt aus und mein Zeigefinger befand sich schon im Schwebeflug über der DELETE-Taste. Ich hielt einen Moment inne. Den Titel fand ich irgendwie spannend; noch eine Alternative zu LibreOffice, nachdem ich schon WPS Office so cool fand?! Wieso nicht, gleich mal ausprobieren.
Als ich die Webseite von OnlyOffice angefangen habe durchzulesen fiel mir die Kinnlade herunter: OnlyOffice ist nicht nur ein Office mit Word, Excel und Powerpoint das es Online im Browser als HTML5-Editor gibt (und als Client-Version für Linux/Mac/Windows für den Offline-Modus), es ist vielmehr eine komplette Working-Suite für kleine Teams, Startups bis mittelgroße Firmen. Der Teil, der Dokumente wie bei Nexcloud hochladen und mit anderen Teilen lässt – auch mit Usern außerhalb des OnlyOffice-Portals – das ist eben nur ein Teil des Ganzen. Dazu gibt es viele Features um kollaborativ, also gemeinsam an Projekten zu Arbeiten. Ganz ähnlich wie Zoho das anbietet und die gleiche Richtungen wie Nextcloud mit Collabora 2.0 geht. Diese direkte Konkurrenz zu Google Drive ist trotzdem nur ein Stützpfeiler, OnlyOffice stellt mit seiner Plattform gleich viele der bekannten CRM- und kollaborativen Tools in den Schatten.
Übrigens: Man kann auch seinen Owncloud/Nextcloud-Storage per WebDAV Link innerhalb OnlyOffice anhängen. So einfach ist das 😀
Als Team Arbeiten
Man kann zwar OnlyOffice vollständig alleine benutzen, aber erst als Team entfalten sich die vielen Möglichkeiten. Zuerst erstellt man in OnlyOffice also eines oder mehrere Teams, die wiederum in verschiedenen Projekten tätig sein können. Innerhalb eines Projekts können verschiedene Dinge angelegt werden:
- Projekt 1
- Aufgaben, Meilensteine, Diskussionen, Zeitverfolgung, Dokumente, Kontakte
Das nächste verflochtene Modul ist das CRM-Modul, um den Kontakt zu Kunden und Lieferanten zu pflegen, denn es erlaubt nebst Verkaufschancen und Rechnungen auch Veranstaltungen oder Aufgaben an frisch erfasste Unternehmen- und Personen (die einem Unternehmen zugewiesen sind) zu erfassen.
- CRM Modul
- Kontakte (Person/Unternehmen), Aufgaben, Verkaufschancen, Rechnungen, Veranstaltungen
Jedes gemeinsame Arbeiten benötigt einen Platz zum Diskutieren, dafür ist das Community-Modul zuständig. Portalbenutzer können Blogs erstellen, Ereignisse erfassen, Foren eröffnen, Gemeinsame Lesezeichen (!), und Wiki-Seiten erfassen. Als nette Dreingabe werden die Geburtstage hübsch aufgelistet, denn jeder Account hat die Freiheit sein Geburtsdatum zu erfassen.
- Community Modul
- Blogs, Ergeignisse, Foren, Lesezeichen, Wiki’s, Geburtstage
Übrigens, betreffend Diskutieren: OnlyOffice hat einen vollständigen XMPP-Server intergiert, worauf sich ein jeder Benutzer einwählen kann. Darin wird man dann auf Wunsch auch per Push-Nachricht informiert, wenn etwas am kollaborativen Inhalt geändert hat – beispielsweise, wenn ein Freund dein Excel editiert oder ein neues URL-Lesezeichen erfasst hat. Aus meiner Sicht funktioniert das zwar, aber noch nicht gut genug weil es kaum brauchbare XMPP-Clients gibt für Smartphones – zumindest auf meinem Android sind alle XMPP Clients mehr Schrott als brauchbar. Dieser Part kann definitiv noch nicht mithalten mit einem Slack bzw. dessen Open-Source Alternative Mattermost.
Wo ich gerade von Kommunikation spreche darf der integrierte Mailserver natürlich nicht fehlen: Wer möchte, kann den OnlyOffice-Mailserver als Docker-Image installieren, eine Komplettlösung mit Postfix, Dovecot, Spamassassin und ClamAV. Ich habe ihn ausprobiert, war aber nur zu Beginn begeistert: Dieser Mailserver soll sich ausschließlich auf das Portal beziehen, sprich, er sollte praktisch keine anderen Domains verwalten als die, die mit dem Portal etwas zu tun haben. Das ist nicht mein Ziel.
Dazu kommt, dass die Einstellungsmöglichkeiten dieses als Software-as-a-Serivce (SaaS) bereitgestellten Mailservers noch sehr dürftig sind. Der Mailserver ist eines der neusten Module und kam erst Ende 2015 aus der Beta-Phase heraus.
Mailserver besteht Disaster-Recovery nicht
Wichtig war mir schon beim Ausprobieren von OnlyOffice, ich muss diese Plattform im Falle eines Crashes innerhalb wenigen Minuten wiederherstellen können, einfach weil das Zeitgemäß ist und ich nicht stundenlang reparieren möchte falls mein zusätzlicher VPS beim Discount-Hoster Contabo.de Hopps geht.
Beim Mailserver Docker-Container hat mein Disaster-Recovery nicht funktioniert, ich weiß noch nicht warum. Nach dem ich den VPS komplett reinstalliert habe, die Docker-Images frisch installiert und die Pfade, die Docker mit dem Host-Sytsem teilt aus dem Backup restored habe, lief zwar OnlyOffice an sich, aber der Mailserver-Container spuckte ausschließlich Fehler. Während ich die Ursache am Suchen war las ich einen Forenpost, dass der OnlyOffice-Mailserver eben nicht für beliebige Domains gedacht wäre sondern in erster Linie nur für das OnlyOffice-Portal (macht schon Sinn), aber das ist mir zu blöd. Ich muss noch 10 andere Domains mit Mailboxen verwalten und setze dafür lieber Mailcow ein. Also verzichte ich (vorerst) auf den ONLYOFFICE-Mailserver, den es bis dato sowieso nur als Docker-Image gibt.
eMails gehen trotzdem
Das tolle an OnlyOffice ist: Es ist auch ein Webmail, ganz egal wo der Mailserver steht. Unter dem Menüpunkt „Mail“ können beliebig viele eMail-Adressen per IMAP und SSL/Starttls angebunden werden. Der Superadmin kann in den Einstellungen noch eingrenzen welche Domains für den Webmail-Client freigegeben werden sollen.
Ein Webmail-Client ist nichts neues? Im Zusammenhang mit dem CRM-Modul für mich schon! Ich kann nämlich im CRM-Modul eine Kontaktperson auswählen und klicken „Nachricht an Person senden“, diese Nachricht wird dann unterhalb dem Personenprofil als Historie angezeigt – auch für meine Portal-Kameraden! Das nenne ich Kollaborativ arbeiten, einfach genial!
Wie weiter?
Ich hatte die letzten Tage mich ausgiebig mit der OnlyOffice Community Edition beschäftigt, habe die DEB/RPM Installation sowie die Docker-Images ausprobiert und wie vorhin erwähnt einen Disaster-Recovery-Plan erstellt und getestet. Zudem habe ich mein OnlyOffice (https://office.games4linux.de) bereits auf HTTPS umgestellt was mit dem Docker-Image dank den Variablen sofort geschieht, wenn man ein gültiges Zertifikat an die richtige Stelle legt.
Erstmal muss ich noch ein bisschen Weihnachten feiern, danach geht es weiter mit einem technischen Blogpost worin ich meine Erfahrungen mit diesem (für mich!) absolut genialen OpenSource-Tool zeigen möchte. Kann Google Drive jetzt einpacken? Zumindest das so ein Tool wie OnlyOffice überhaupt OpenSource wird, ist schon ein kleines Wunder.
8 Kommentare
Tobias · 26. Dezember 2016 um 14:10
Sehr interessant, noch nie von gehört. Danke das du die Mail nicht einfach gelöscht hast 😀
Gerne mehr dazu 🙂
benediktg · 26. Dezember 2016 um 15:03
> zumindest auf meinem Android sind alle XMPP Clients mehr Schrott als brauchbar.
Schon mal Conversations probiert? Das ist meines Erachtens der beste XMPP-Client überhaupt und von daher alles andere als Schrott. 😉
Schroeffu · 26. Dezember 2016 um 15:58
Danke für den Tipp! Aber Conversations @Android kostet 2.xx Euro, richtig?
Ich habe nichts gegen gute Bezahl-Apps nur eignet es sich so nicht für ein ganzes Team, ich kann die Portalmember kaum alle überreden diese App zu kaufen. Deshalb suche ich etwas, das für alle kostenfrei zur Verfügung steht.
jochen · 26. Dezember 2016 um 16:25
Conversations kostet bei Google Play etwas Euro, jedoch gibt es Conversations auch bei f-droid.org und kostet dort nichts.
Matthias Schuster · 27. Dezember 2016 um 00:07
Pidgin ist sehr beliebt und der hier is nice für die eigene Seite:
https://conversejs.org/
Sebastian · 31. Januar 2017 um 07:23
Grade heute gelesen.
https://m.heise.de/ix/meldung/Cloud-Office-fuer-den-eigenen-Server-3611012.html?wt_mc=rss.ix.beitrag.atom
Klingt sehr interessant auch wegen der möglichen interkompatibilität.
Philip · 6. November 2017 um 21:03
Hallo zusammen,
interessanter Beitrag, Danke !
kann ich mein Home Verzeichnis mit Nextcloud zugänglich machen!
Betreibe einen Linux Server, Ubuntu 16.04, mit mehreren User und Gruppen!
Danke für eure Unterstützung
Humble Linux Bücher Bundle, 3-15 Bücher ab 1 Dollar » schroeffu.blog · 4. Juni 2017 um 00:15
[…] jetzt. Einerseits setzte ich beruflich (noch) kein Docker ein, andererseits privat schon bei meiner OnlyOffice Installation und ich bin sehr enttäuscht von der Performance, was aber auch an C# und MonoServer dieser […]